Te Anau2

Der Hausberg

Heute steht eine Wanderung auf den Hausberg Mount Luxmore auf dem Programm. Um dahin zu gelangen, könnten wir entweder einen großen Umweg entlang des Sees mit vielen Extrakilometer nehmen und dann die eigentliche Wanderung beginnen oder einen Abkürzer über eine Bootsfahrt nehmen, die uns direkt ans andere Ufer bringt. Die gestern entrichtete Entlohnung für Charon ist fürstlich, aber wenigstens hält die Kapitöse ihr Versprechen und wir werden mit etwa fünfzehn anderen Wanderbegeisterten wohlbehalten am anderen Ufer abgesetzt.

Nach dem Verlassen des Strandes verschluckt uns sofort der Wald, und was für einer! Wir betreten eine Art kalten Regenwald. Es gibt dort hohe Farne, die höchsten wahrscheinlich vier Meter hoch, alte Baumriesen und viele Vögel, die man eher hört, als sieht. Es ist ein eigenes, faszinierendes, feuchtes Erlebnis für sich, durch das wir durch einen typischen amerikanisch angehauchten Weg, also eher eine nicht sehr steile Forststraße mit der Breite eines Fußwegs gehen. Links und rechts ist die Vegetation so dicht, dass an Abkürzer oder Experimente beim Austreten nicht zu denken ist. Außerdem hängt ein mystischer Nebelschleier über und in dem ganzen Wald, was den moosbewachsenen Bäumen nocheinmal etwas urzeitliches verleiht.

Piepmatz

Ich bin wahrlich kein Vogelkundler, doch beim Aufstieg lauschen wir einem Vogel, der wesentlich mehr drauf hat, als alle anderen Vögel, die ich bis jetzt gehört habe. Er ist klein, sehr klein. Darf ich vorstellen, der "Grey Warbler", siehe https://en.m.wikipedia.org/wiki/Grey_warbler für die Interessierten. Und was ist jetzt so besonders an diesem etwa elf Zentimeter großen, nicht einmal sieben Gramm schweren Vogel? Ganz einfach, sein Gesang. Er singt nicht nur ein paar Töne und moduliert bzw. wiederholt sie pro Lauf wie andere Singvögel, sondern er "spielt" regelrecht eine Melodie ab, aber hört selbst: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/94/Grey_warbler_song.ogg Der Song ist auch im Artikel verlinkt. Das ist also eine Melodie, die genetisch einprogrammiert ist. Faszinierend, er ist dazu verdammt, immer das selbe Lied zu wiederholen, den einen, den einzigen Charthit, der nie vom Thron gestoßen wird, so ähnlich wie "Last Christmas" von Wham, nur dass ihn jeder Vogel bei der Geburt schon kennt oder zumindest im Vogelkindergarten lernen muss - nein, kleiner Piepmatz den Song haben wir immer schon so gesungen, sagt die Vogelmama zum Kleinen, der die Sinnfrage im Nest stellt. Ich weiß jetzt auf die Schnelle nicht, ob "Last Christmas" oder das hier in der Dauerschleife schlimmer ist. Ok, ich schweife ab. Die Piepmätze mit ihrem Lied begleiten uns neben vielerlei anderem Gezwitscher auf unserem Weg immer weiter hinauf.

Gute Aussichten

Weiter geht es durch den dichten Wald der nun beim kurzen Hinsehen wie Schnee-bedeckt wirkt, so viele weiße Flechten hängen von oben bis unten in den Bäumen, die mit einer eher hellen grau-weißen Rinde versehen sind.

Baum-Bart

Dann stoßen wir endlich bis zur Baumgrenze vor. Im Wald haben wir außer Bäumen nichts gesehen. Jetzt sieht man endlich, wie wolkenverhangen die Umgebung ist - ja, schmunzelt nur. Wir haben ja schon Glück, dass uns der prognostizierte Regen bis jetzt nicht erwischt hat.

Ich habe eine kleine Verkühlung aufgerissen und nun muss ich ihr Tribut in Form von Rast leisten. Raphaela schicke ich die verbleibende Stunde zum Gipfel weiter. Ich schlafe eine Runde. Das geht sogar halbwegs, wenn man davon absieht, dass mir heiß ist, wenn die Sonne scheint, kühl wenn sie von Wolken verdeckt ist und ziemlich große Fliegen immer wieder probeweise auf mir landen. Die Zeit vergeht wie im Fluge bzw. wie im Schlaf und schon ist Raphaela wieder da. Sie erzählt von zwei Keas, die wie bei uns die Dohlen den Gipfel belagert haben, frech an den Rucksäcken der Touristen gezerrt haben und angeblich sehr süß anzuschauen waren.

Die Hütte am Weg

Wir wandern weiter und so langsam sieht man ja zwischen Nebelfetzen doch etwas! Der See unter uns erscheint langsam und auch die umliegenden Berge machen sich weniger rar als vorhin. Bald erreichen wir dann die Hütte Mout Luxmore Hut.

Und zurück

Nach dem mitgebrachten Picknick steigen wir den selben Weg wieder ab. Es kommen uns ein paar Wanderer entgegen, die vermutlich auf der Hütte übernachten wollen.

Farne auf unserm Weg

Der Weg zieht sich etwas, aber dann kommen wir doch wohlbehalten am Ufer an. Das Boot steht bereit und obwohl wir sieben Minuten vor dem vereinbarten Termin dort sind, geht die Fahrt sofort los.

Am heimatlichen Ufer von Te Anau angekommen kaufen wir noch Fertiggerichte ein, die wir in der Küchenzeile unseres Motelzimmers als Abendessen zu uns nehmen wollen. Ich gehe sicher nirgendwo mehr hin, Zeit zum Füßen hochlagern und entspannen!

Copyright 2022 by Raphaela and Markus