Mapua - Motueka 3

Genuss von Marlborough

Nein, nicht, was ihr denkt! Aber der Reihe nach. Heute heißt es Abschied nehmen von unserem netten Quartier an der kleinen Hafenmole in Mapua.

Wir starten unsere Fahrt weiter Richtung Osten und durchqueren zuerst die Orte Richmond und Nelson. Hier gibt es nicht viel Interessantes zu sehen, wir freuen uns schon viel eher auf die Küstenstraße Richtung der berühmten Fjordlandschaft "Marlborough Sounds". Und tatsächlich, solch gewundene und kleine Straßen, die konstantes Drehen am Lenkrad erfordern, habe ich selten wo gesehen. Natürlich gibt es das auch bei uns, aber hier ist kilometerweit keine gerade Passage in den Straßen, geschweige denn irgendwo eine erholsame, längere Kurve mit geringerem Winkel zu finden. Auf der Karte weit herausgezoomt betrachtet ist die fast gerade Strecke etwa 17 Kilometer lang, wenn ich die Navigations-App am Handy befrage, werden bei allen Kurven daraus 27 Kilometer, so kurvig ist es hier! Noch dazu ist die Straße dermaßen beschädigt, dass manchmal eine Fahrbahnhälfte abgerutscht ist. Es sind an solchen Stellen dann immer provisorische Ampeln aufgestellt worden, damit beispielsweise jene Spur, die noch intakt ist, in beide Richtungen befahren werden kann, ohne dass man Unfälle verursacht. Es ist also konstante Aufmerksamkeit beim Befahren dieser Strecke erforderlich, auch wenn überall rechtzeitig Hinweisschilder angebracht sind. Angeblich temporäre Dreißiger-Zonen scheinen eher einem österreichischen Provisorium, also Dauerzustand zu entsprechen und zumeist haben wir keine Lust dem zuwider zu handeln. Noch dazu sind diese Dreißiger-Zonen so häufig, dass sie die Gegend generell mit Dreißig-Gebot ausstatten könnten und sie auf diese Weise die Hälfte der Verkehrszeichen einsparen könnten. Wir arbeiten uns brav Kurve für Kurve vor, bis wir schließlich in der Bucht "Elaine Bay" ankommen. Schon unterwegs können wir zwischendurch stehen bleiben und sehen auf die tolle Landschaft, deren Blau- und Grüntöne oft nur Staunen zulassen.

Blick in den Squally Cove

In der Bucht angekommen, herrscht ein ständiges Kommen und Gehen - es werden immer wieder Boote zu Wasser gelassen und andere auf Anhänger von den Besitzern der hier zumeist üblichen PS-starken Autos verladen. Nur die etwas schwereren Boote werden mit dem Traktor gezogen. Es ist lustig anzusehen, wie schnell so ein Boot von den Leuten mit einer Winde - vermutlich mit einer argen Übersetzung - auf den Anhänger gezogen werden kann, heftiges Kurbeln inklusive.

Kulinarische Erfahrungen

Nachdem wir unterwegs unser Mittagessen einfach am Straßenrand eingenommen haben - ja, bei so einer tollen Aussicht und so wenig Verkehr auf dieser Nebenroute ist es ziemlich egal, wo man Pause macht - halten wir nach weiteren unzähligen Lenkraddrehungen am Nachmittag in dem kleinen Ort "Havelock", um dort einen Kaffee zu trinken. Kaffee haben sie zwar in dem freundlich wirkenden Hafenlokal, aber angeblich nichts Süßes, meint der Chef hier. Hmm, von mir aus. Wir setzen uns hin und als der Chef uns die Getränke auf den Tisch stellt, hake ich nach, ob sie denn auch keine Desserts hätten, wegem Süßen und so? Vielleicht habe ich ja sein Englisch missverstanden. Er verneint abermals und meint dann als Erklärung, er hätte nicht genug Personal, um Nachspeisen anzubieten. Zum Supermarkt wird er ja wohl gehen können und ein paar Muffins für seine Gäste kaufen können, denke ich mir im Stillen. Dann hat er eine Idee und erzählt mir, dass er ein Eis hätte, das er mir bringen kann. Ich muss lachen und bejahe. Als er dann mit zwei Kugeln des angekündigten Orange-Schokoladen-Eises vorbeikommt, freue ich mich. Das Eis hat mit Schokolade noch weniger zu tun als mit Orange und schmeckt eher wie ein Kindereis, aber egal, ich habe meinen Gegenpol zum "long black", meinem schwarzen Kaffee. Beim Zahlen bedanke ich mich für das Eis und er meint, dass das ja nicht auf der Karte stehe. Und jetzt kommt's: Das habe er für seine Kinder gekauft und noch nicht einmal selbst gekostet. Ich muss lachen und sage ihm, dass ihnen das Eis sicher schmecken wird!

Am frühen Abend halten wir in der Nähe von "Picton" an einem Aussichtspunkt an der Straße, weil etwas unsere Aufmerksamkeit geweckt hat: Es wird in einem Frachthafen Holz auf ein riesiges Frachtschiff verladen. Im Hintergrund sieht man all die Schwerfahrzeuge, die die Baumstämme zum Schiff herankarren. Das Schiff selbst hat Verladekräne zum Einschlichten der Stämme. Das Spektakel in der Ferne holen wir uns mit dem Fernglas nah heran. Aus den ursprünglich geplanten Minuten an Aufenthalt wird gut eine Viertelstunde. Irgendwann reißen wir uns los. Wenn man sein inneres Kind nicht bändigen kann, verbringt man wahrscheinlich den halben Tag hier. Selbst die Sandflys und Moskitos auf unserem Ausguck nehmen wir dafür in Kauf.

Weiter geht's und wir fahren an Picton vorbei zu unserem heutigen Quartier für eine Nacht, nach "Whatamango Bay". Wir wissen absolut nicht, warum dieser Ort hier so heißt, aber das Quartier liegt sehr abgeschieden und ruhig. Die Zufahrt zum Quartier ist extrem steil, aber asphaltiert. Angeblich gibt es unten einen Parkplatz, auf dem man das Auto wenden kann. Also fahre ich voll Vertrauen hinunter. Und da haben wir den Salat - wenden kann man schon, aber nur wenn man keinen Schlachtkreuzer von Auto hat wie unseren Pickup. Na, dann versuche ich es halt mit Einweisungshilfe von Raphaela, was dann auch gut funktioniert. Nach dem Abendessen fahre ich da sicher rückwärts hinein, das muss schneller gehen.

Das Quartier wird zwar als "Bed and Breakfast" bezeichnet, wir haben aber eine ganze kleine Wohnung für uns allein, auch nicht schlecht.

Das mit dem Abendessen ist eine Geschichte für sich. Da es schon 19:35 ist, fahren wir schnell zum nächstgelegenen Lokal. Als wir um 19:55 - fünf Minuten vor der magischen Grenze in kleineren Orten - im Lokal stehen, wollen wir wissen, ob wir noch etwas zu Essen bekommen. Tun wir nicht, denn wir erfahren, dass die Bestellungen bzw. Schlange jetzt schon bei 21:00 angelangt ist und so gibt es hier keine Chance auf ein Essen für uns hier. Wir sollen doch nach "Picton" , dem nächst größeren Ort, schauen. Also fahren wir dorthin. Was sehen wir dort um 20:15? Die zwei vom Quartier empfohlenen Lokale haben geschlossen, eines weist uns mit dem Hinweis auf zwei andere Lokale ab. Als wir beim ersten empfohlenen Lokal ankommen, hat es geschlossen. Der Kellner eines benachbarten Lokals klagt uns sein Leid, dass es fast schon Sommer ist und ihm Personal fehlt. Der Eigentümer des Nachbarlokals, das sonst jeden Tag im Jahr offen hat, findet so wenig Personal, dass er nicht einmal öffnen kann! Die zweite uns genannte Alternative ist ein brummendes Irish Pub, das nur eine Notlösung für uns darstellen würde. Dann endlich, entdecken wir einen kleinen, eher nobler wirkenden Schuppen und als ich Raphaela bei der eher Fisch-lastigen Küche unter Verweis auf die Erwähnung eines zumindest für sie genießbaren Gerichts auf der Karte davon überzeugt habe, dass das wohl unsere einzige Chance auf ein Abendessen heute ist, wagen wir uns hinein. Und wirklich, wir werden noch Essen bekommen! Die uns betreuende Kellnerin in dem Lokal hat heute ihren ersten Tag, sagt sie uns. Das ist wohl kein Zufall und passt gut ins Bild. Unglaublich, wie schwierig das hier zur Zeit ist - wir haben hier am anderen Ende der Welt genau die selben Schwierigkeiten wie in kleineren Orten oder Städten in der Heimat derzeit, was auswärtiges Essen betrifft. Und ja, das Essen war nicht herausragend, doch ganz gut. Ich habe ein Lamm im Teigmantel gegessen. Die Wartezeit auf das Essen kann ich leider nicht von der Rechnung abziehen, aber vermutlich sind wir, was die Wartedauer in den Lokalen hier anlangt, etwas verwöhnt.

Anmerkung: Raphaela bemüht sich nach der Heimfahrt zum Quartier im Dunkeln die Einfahrt mit meinen Hinweisen rückwärts hinunterzufahren - ist auch nicht viel schneller oder einfacher. Man sieht aufgrund der Ladefläche nicht gut nach hinten - unser Auto hier ist und bleibt einfach zu groß. Lieber Kleinwagen daheim: harre noch ein bisschen aus, wir kommen bald wieder nach Hause!

Copyright 2022 by Raphaela and Markus