Te Anau

Der alte Gamer

Als wir beim Frühstück sitzen, erklingt munteres Vogelgezwitscher. Raphaela meint, dass es sich anhört, als ob jemand ein Level in einem Konsolenspiel geschafft hat. Da ist etwas dran, fast wie in einem Jump-and-run. Nach etwas Recherche im Internet kommt das ursprüngliche Habitat des Vogels zu Tage und er kann nicht leugnen, in einem einarmigen Banditen aufgewachsen zu sein. Das Beweismaterial wiegt einfach zu schwer:

https://www.doc.govt.nz/globalassets/documents/conservation/native-animals/birds/bird-song/bellbird-06.mp3

Item collected! Level up! Victory! Bonus!

Korrektur des Misstands

Heute nach dem Frühstück stehen wir brav um 08:50 gestellt vor jenem Sportgeschäft, von dem wir uns gestern Abend die Auslage angeschaut haben. Um 08:55 wird das Geschäft aufgesperrt und irgendwie schafft es eine Dame, sogar vor uns das Geschäft zu betreten! Flugs sind auch wir drinnen und nach kurzer Beratung eines Mitarbeiters halte ich meine Ersatzregenjacke für diesen Urlaub in den Händen. Tja, Dummheit kostet eben.

Fahrt zum Doubtful Sound

Dementsprechend gut ausgerüstet fahren wir jetzt eine halbe Stunde mit dem Auto zum Ablegepunkt jener Fähre in Manapouri, mit der wir unseren heutigen, schon im Voraus gebuchten Trip starten. Wir wollen den Doubtful Sound, also einen der spektakulärsten Fjord Neuseelands besuchen. Das ist gar nicht so leicht bzw. einfach möglich, denn der Fjord ist nicht direkt vom Festland zu erreichen. Um zu ihm zu gelangen, fahren wir mit einem kleinen Ausflugsschiff ans andere Ende des Manapouri-Sees.

Fahrt auf dem Manapouri-See

Dort steht auch der Wassereinlass eines der größten Wasserkraftwerke Neuseelands. Ist ziemlich beeindruckend. Die Wasserkraft wird derzeit genutzt, um eine Aluminiumschmelze im Süden der Insel zu betreiben.

Der Mittelteil

Wer jetzt glaubt, dass uns die Schiffsfahrt zum Fjord gebracht hat, irrt. Der See liegt ja 200 Höhenmeter über dem Meeresniveau. Nun steigen wir aus dem Ausflugsschiff und werden in drei Busse verfrachtet. Dort erzählt uns ein amerikanisch angehauchter Neuseeländer allerlei interessante Dinge über das Naturschutzgebiete sowie Land und Leute. Wir fahren erst etwa 500 Höhenmeter einen Pass hinauf, nur um dann 700 Höhenmeter wieder hinunter auf Meeresniveau zu fahren. Die Straße ist die einzige Neuseelands, die mit Steuermitteln gebaut worden ist, jedoch keine Verbindung an das restliche Straßennetz Neuseelands hat! Sie ist nur grob geschottert, aber in einer Weise, dass sie die schweren Fahrzeuge zum Bau des Kraftwerks und des dazugehörigen Stollens verkraftet. Laut Angaben unseres Busfahrer kostete der Bau der Straße umgerechnet 4000 Euro pro Meter. Habe ich erwähnt, dass die Straße etwa 22 Kilometer lang ist?

Die Landschaft um uns herum ist ein kälter Regenwald, es ist schon viel feuchter als am Festland. Mich erinnert es hier ganz an Orsorno, Chile, vor ein paar Jahren. Wir haben Glück, das Wetter ist uns halbwegs hold - keine Selbstverständlichkeit in einer Gegend, in der die Jahresniederschlagsmenge etwa 8000 Millimeter pro Quadratmeter beträgt.

Weiter unten sieht man das Meer des Doubtful Sounds

Der Doubtful Sound

Unten am Ende des Fjords angekommen, steigen wir in das nächste, bereitstehen Schiff ein und setzen unsere Reise, diesmal am Fjord selbst, Richtung Meer fort.

Der Doubtful Sound in seiner ganzen Pracht.

Die Wände ragen links und rechts vom Schiff schroff nach oben, alles ist trotz dieser Steilheit mit Regenwald bewachsen. Das Gestein ist bei den Steinen, die manchmal aus dem Wasser ragen, von einem urzeitlichem Gletscher abgeschliffen. Die restlichen Felsen der Bergmassiv sind aus Granit, einem härteren Gestein. Hier finden die Sträucher und Bäume nur losen Halt. Deshalb gibt es hier auch manchmal Schneisen von oben nach unten, die fast gar nicht oder nur mit Gras oder Farnen bewachsen sind. Der Auslöser dafür sind die sogenannten "tree slides", eine Art von Mure, die, ausgelöst von nur einem einzigen Baum, eine größere Anzahl an Bäumen, oft im vierstelligen Bereich, mit sich reißt und ins Wasser stürzt. Das Geflecht kann zwar normalen Umweltbedingungen trotzen, doch hat es einem herabfallenden Baum nichts entgegenzusetzen, da die Wurzeln nicht in den Granit eindringen und sich festsetzen können.

Auf dem Rückweg ist es leider nicht so spektakulär, das Regen einsetzt. Wir dürfen uns jedoch gar nicht beschweren, bei dem Glück mit dem Wetter, das wir am Vormittag gehabt haben.

Die Sonnenseite

Zurück in Te Anau reißt es hier komplett auf und der Manapouri-See zeigt sich von seiner sonnigen Seite, herrlich.

Das Ufer des Manapouri-Sees

Am Abend gehen wir zu einem Italiener essen, wo Musik von "Der Pate" durch die Fenster tönt. Wir setzen uns und bestellen, fast zeitgleich kommen dem Aussehen nach zwei Italiener ins Lokal und bestellen ebenfalls. Auf ihre Gesichter bin ich schon gespannt, wenn sie dann ihre nicht ihren Vorstellungen entsprechende Pizza erhalten und kosten. Doch dann das: es sind Spanier und unsere Pizzen schmecken leider echt langweilig.

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